Verbraucherschutz-Verein Österreich befürwortet CBD
Persönliche Stellungnahme von Obmann Dr. Peter Kolba (Verbraucherschutzverein)
Verbraucherschutzverein befürwortet CBD-Produkte
Ich bin Schmerzpatient; ich leide an einer Nervenerkrankung (Polyneuropathie). Schmerzmediziner schätzen, dass es in Österreich zwischen 300.000 und 500.000 LeidensgenossInnen gibt. Die Schulmedizin versucht die Missempfindungen mit Antiepileptika und Antidepressiva zu lindern. Das funktioniert auch, doch liest man den Beipackzettel, dann lassen einen die Nebenwirkungen an Alternativen denken. Nicht etwa ein Arzt, sondern ein Buch hat mich auf die Idee gebracht, dass Cannabis gerade Nervenschmerzen lindern könnte. Ich nehme seither – vom Arzt verordnet und von der Kasse bezahlt - Dronabinol (THC) und – selbstverordnet – CBD-Tropfen bzw. inhaliere ich CBD-Blüten. Mit Erfolg: Ich habe mehr Distanz zu den Schmerzen und ich schlafe abends gut ein.
Unterschied der Wirkstoffe
An dieser Stelle eine wichtige Unterscheidung: THC ist der psychoaktive Teil der Hanfpflanze und gilt in einer Konzentration über 0,3% als Suchtmittel. Konsum ist strafrechtlich verboten. CBD dagegen ist nicht psychoaktiv, kann also - ohne gegen Gesetze zu verstoßen - angepflanzt, gekauft und konsumiert werden. Das In-Verkehr-Bringen wird aber behindert. Dazu gleich.
Ich war Politiker (Clubobmann der Liste Pilz im Nationalrat Österreich) und dachte ich kann einen Anstoß geben, dass man insbesondere in der Medizin Cannabis für Schmerzpatienten leichter zugänglich macht. Aus meinem Initiativantrag wurde der Auftrag an die Gesundheitsministerin Hartinger-Klein, dem Nationalrat einen Bericht vorzulegen.
Doch stattdessen gab Sie am 04.12.2018 einen Erlass heraus, der die Lebensmittelbehörden anwies, gegen Firmen, die CBD-Produkte in Verkehr bringen, vorzugehen, wenn diese keine Genehmigung für das In-Verkehr-Bringen nach der Novel Food-Verordnung der EU haben. Der Hintergrund: Die Pharmaindustrie lobbyiert massiv dafür, dass CBD als Medikament einzustufen wäre und Nahrungsmittelkonzerne wollen damit ihre Getränke und ähnliches werbemäßig pushen. Diese Lobby tritt gegen eine – ziemlich zerstrittene – Hanf-Lobby an. In der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) waren es Österreich und Großbritannien, die sich dafür eingesetzt haben, Cannabis – eine tausende Jahr alte Heilpflanze – zu einem "neuen Lebensmittel" (in Verkehr gebracht ab 1997) zu erklären und Hanf-Shops den Kampf anzusagen. Doch wir sind in Österreich: Wenn der Lebensmittelinspektor den Hanf-Shop betritt und nur Produkte „für Hund und Katz“ oder „Aromaöle“ findet, sind alle zufrieden und es passiert nichts. Wenn aber ein Unternehmer diese Komödie nicht mitspielt, dann wird er verfolgt und bekommt unter Umständen sogar Strafanzeigen. Was aber offenbar vermieden wird, ist ein Bescheid mit Vertriebsverbot, der durch die Instanzen bekämpft werden könnte.
Im Jänner 2019 kam dann der Bericht des Gesundheitsministeriums in den Gesundheitsausschuss. Im Stil eines Schulaufsatzes wird über 12 Seiten ohne jeden Nachweis berichtet, dass in Österreich im Hinblick auf THC alles bestens in Ordnung sei. Damit deckt der Bericht ein Monopol, das zu absolut überhöhten Preisen führt. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) baut medizinisches Cannabis an und liefert – so meine Berechnungen – 500 mg THC um rund 10 Euro an eine deutsche Pharmafirma. Die extrahiert das THC und produziert Dronabinol. Dieses kostet – wieder 500 mg THC – in der Apotheke 450 Euro. Ich würde als Monatsdosis 900 Euro ausgeben müssen. Das können sich die meisten nicht leisten. Und die Krankenkassen zahlen nur zögerlich, denn es gibt billigere Schmerzmittel. Die Antiepileptika, Antidepressiva und auch Opioide kosten rund 35 Euro pro Packung. Die Kasse argumentiert, dass sie aus Gründen der Sparsamkeit Dronabinol erst bezahlen kann, wenn die Therapieoptionen mit den billigen Sachen gescheiter sind oder zu große Nebenwirkungen hervorrufen. Daher muss man meines Erachtens das Monopol bekämpfen, damit Dronabinol billiger wird bzw. man sollte – wie in Deutschland – die Blüten auf Rezept in der Apotheke abgeben.
Inzwischen wird auch klar, weshalb die Pharmaindustrie wild lobbyiert. Dem Inhaltsstoff Cannabidiol (CBD) wird auch eine Wirksamkeit gegen Krebszellen nachgesagt. So führt der Schmerzmediziner Primarus Dr. Likar am Landeskrankenhaus Klagenfurt ein Forschungsprogramm mit hochdosiertem CBD bei Gehirntumoren durch. Und er hat Erfolge: Längere und symptomärmere Überlebenszeiten. Der Standpunkt der Mediziner: Das muss alles noch erforscht werden. Der Standpunkt von vielen KrebspatientInnen: Ich möchte es – neben den konventionellen Therapien - ausprobieren, ob es mir hilft. Da hier CBD hochdosiert (ab 300 mg pro Tag und höher) zum Einsatz kommt, ist die Beschaffung sehr teuer. Daher ist es ein wichtiges Ziel, dass diese CBD Gaben ebenfalls von den Krankenkassen bezahlt werden.
Ich bin auch Jurist und Obmann des Verbraucherschutzvereines. Wir haben für PatientInnen eine Website erstellt, auf der sie sich über Cannabis in der Medizin – anbieterunabhängig - informieren können. Und wir unterstützen PatientInnen, die Cannabismedizin nicht von der Kasse bezahlt bekommen.
Möglichkeiten und Angebote
Da muss man sich gegen Ablehnungen zur Wehr setzen und (schriftlich/Einschreiben mit Rückschein) binnen 14 Tagen einen schriftlich begründeten Bescheid verlangen. Gegen diesen Bescheid kann man niederschwellig beim Sozialgericht klagen. Das kostet keine Gerichtsgebühr, keine Sachverständigenkosten und man muss auch der Kasse – wenn man unterliegen sollte – keinen Kostenersatz bezahlen. Bleiben die eigenen Anwaltskosten. Die übernimmt – nach den finanziellen Möglichkeiten – der Verbraucherschutz-Verein.
Mehr zu den Services:
- Verbraucherschutzverein (verbraucherschutzverein.eu)
- Themen-Website Cannabis in der Medizin (allianz-gegen-ignoranz.at)